Selten sind Lebensbekenntnisse so poetisch dicht formuliert worden, wie von Oriah Mountain Dreamer, einer kanadischen Schriftstellerin.
Das einflussreiche Buch „Die Einladung“ ist bereits vor 20 Jahren erschienen und wurde in mehr als 15 Sprachen übersetzt. Es ist ein Klassiker, der immer wieder inspiriert und in Zeiten von Corona eine neue Färbung erhält. Bekannt geworden ist der Text hierzulande durch den deutsch-irakische Popsänger Laith Al Deen der ihn nach dem ersten Lesen,- tief beeindruckt – spontan vertonte:
Aktuell in die öffentliche Erinnerung gekommen ist das Buch, nachdem die deutsche Schauspierikone Iris Berben das Prosagedicht vom Anfang des Buches, in der Wohnzimmer-Konzertreihe von Daniel Hope gegen die Vereinzelung von Künsterlerinnen und Künstler interpretierte.
Diese Liebeserklärung an den Mut, wahrhaftig selbst zu sein und die ganze Fülle des Lebens zu begrüßen, bekommt in diesen Corona-Zeiten eine besondere Färbung. Genuss bereiten die Gedanken- und Sprachfülle von Oriah, ihre undogmatischen Gedankengänge, offenbarende Schilderungen eigener Lebenswege und -umwege. Oriah nimmt in ihren Zeilen Abschied von angestrebter Perfektion im Leben und huldigt seiner Ganzheit: mit allem Schönen und allem Hässlichen, mit allem Kleinen und Großen, mit der Stille und dem Gesang/Tanz, der Standhaftigkeit und der Entwicklung, der Einzigartigkeit und dem Gefühl des Gemeinsamen, dem Glück wie dem Schmerz.
Dem weltberühmten Prosagedicht folgen Satz für Satz sehr konkrete biografische Geschichten – Lebensessenzen, mitreißend und warmherzig erzählt, mit etwas Pathos zugegeben, aber einem Pathos, der angesichts der Bedeutung des Geschriebenen wieder angemessen wirkt, denn der Text lässt keine wesentlichen Fragen offen.
„Die Einladung“ kann man in ganz unterschiedlichen Lebensphasen immer wieder neu für sich entdecken. Wer sich das Bändchen anschafft, sollte es nicht zu weit in den Bücherschrank nach hinten stellen.
Einladung zur Praxis des Schreibens
Zur Lebenspraxis gehört für Oriah auch das Schreiben. Im Laufe Ihres Lebens erkennt sie das und bekennt sich:
„Ich bin Teil der Ideen, die ich liebe. Ich bin gemacht, um zu forschen, zu lernen, zu lehren und zu schreiben. Das ist der Platz, an den ich gehöre. Dorthin und an so viele Orte. Hier liegt mein Glück. Und es ist grenzenlos.“
Schreiben ermöglichte ihr neben Meditation und dem engen Kontakt zur Natur auch schwierige Zeiten „abzuwarten“ und „dabei offen zu bleiben“. Zur Praxis wird es erst wenn, „ich sie regelmäßig betreibe, ob ich mich danach fühle oder nicht“, offenbart sie. Folgt man ihrem Rat, lässt sich diese Praxis am leichtesten in solchen Phasen etablieren, in denen alles zur Zufriedenheit läuft. Und aus meiner eigenen Schreibpraxis füge ich hinzu: Am besten mit Menschen, die uns darin bestärken, in einer Atmosphäre, die für unsere Kreativität spielerisch anregend ist.
Die Einladung, Oriah Mountain Dreamer, Taschenbuch, 192 Seiten (aus dem Englischen:Originaltitel : The Invitation), Goldmann Verlag; Deutsche Erstausgabe Auflage (1. Mai 2000), ISBN-10 : 9783442215669,ISBN-13 : 978-3442215669